ÜbersichtÄltere Meldungen Aus dem hl. Evangelium nach Lukas:

Es sprach aber einer aus dem Volk zu ihm: Meister, sage meinem Bruder, dass er mit mir das Erbe teile. Er aber sprach zu ihm:Wer hat mich zum Richter...über euch gesetzt? Und er sprach zu ihnen: Seht zu und hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat. Und er sagte ihnen ein Gleichnis und sprach: Es war ein reicher Mensch, dessen Feld hatte gut getragen. Und er dachte bei sich selbst und sprach: Was soll ich tun? Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle. Und sprach: Das will ich tun: Ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen und will darin all mein Korn und meine Vorräte sammeln und zu meiner Seele sagen: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut! Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht noch wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast? So geht es dem, der sich nur Schätze sammelt und nicht reich ist bei Gott.

Predigt zum Erntedankfest 2003 Raimund Moßmann

Liebe Gemeinde,

es war ein wunderschönes Land mitten in Europa. Es hatte harte Zeiten hinter sich, aber die Menschen waren fleißig und hatten es zu etwas gebracht. Das Land war durchzogen von Autobahnen und guten Straßen, viele hatten sich ein Haus bauen können und wie reich sie waren, das zeigten sie manchmal gerne nach außen z.B. durch wunderschöne Autos. Die Geschäfte waren voll, übervoll und in jedem Supermarkt war so viel, dass man gar nicht alles kaufen konnte und abends vieles wegwerfen musste. Zu allen Ländern der Welt hatte das Land Beziehungen aufgebaut und bald gemerkt, dass man vieles aus anderen Ländern viel billiger kriegen konnte. Ob Hemd oder Hose oder Computer, es kostete alles einen Bruchteil von dem, was man im eigenen Land hätte bezahlen müssen. Herrliche Länder konnten sie mit ihrem harten Geld bereisen und galten überall auf der Welt als reich. Und so ging es von Jahr zu Jahr und man dachte, es geht so weiter. Viel Geld lag auf den Banken, oder wurde in die Schweiz verschleppt, schon Kinder hatten Lebensversicherungen und ein Sparbuch und Oma und Opa stockten es für´s gute Zeugnis auf. Junge Leute mussten sich nicht mehr bei Wind und Regen auf ein Fahrrad setzen, mindesten ein Moped war notwendig, eine ganze Reihe bekamen aber z. B. zur bestandenen Prüfung auch schon kleine Autos von den Eltern gekauft und hatten noch Geld übrig zum freien Leben. Sie waren glücklich, ohne Gott, sie brauchten ihn ja nicht.

Was sollen wir nur noch machen, fragten manche Menschen, wir sind überall hingereist, wir essen reichlich und können uns so vieles leisten? Die Kinder hatten einen eigenen Fernseher im Zimmer und auch einen Computer, sie zeigten jedem, dass sie ein Handy hatten und das viele Geld zum telefonieren hatten sie auch oder machten halt Schulden. Eigentlich waren sie auf viele Jahre versorgt und es hätte immer so weiter gehen können. Eines hatten sie vergessen, dass sie eine Seele haben und dass man sie nicht mit Wohlstand füttern kann. Anfangs in der Jugend, war für die Seele noch Gott zuständig, Eltern gingen mit ihren Kindern in die Kirchen und passten auf, dass ihre Kinder noch etwas von Gott hörten. Sie ließen sie noch zum Kommunionunterricht und zur Firmung führen. Aber sie hatten immer weniger Zeit, weil sie immer mehr organisieren mussten. Und sie merkten, es ist unbequem, sich die Zeit für Gott einzuteilen. Nein, nein, sie hatten doch nichts gegen den Glauben, aber da war halt so wenig Zeit. Und Gott dachte sich, ihr armen Menschen. Was nützt euch alles, was ihr habt, wenn die Seele kaputt ist. Ihr merkt gar nicht, wie man eure Seele von euch fordert, euch wegnimmt. Und sie merkten es wirklich nicht, sie erschraken nur. Auf einmal wurde manches teurer und man musste dafür sparen. Jetzt wurden sie wach. Sie bauten in ihre Autos Sicherheiten ein, die sie nur brauchten, weil andere an ihr Hab und Gut wollten. Sie erschraken, dass 13-jährige eine Rentnerin überfielen und ein zwanzigjähriger zwei Radfahrer tot fuhr und liegen ließ. Sie schwiegen, wenn ihre Kinder tagelang nicht in die Schule gingen, immer waren andere an so etwas Schuld. Sie interessierten sich nicht mehr für die Welt und ihre Mitmenschen und waren vor allem auf der Flucht. Das Fernsehen zeigte ihnen von morgens bis abends, das angeblich noch schönere Leben. Viele wurden immer öfter krank. Es fiel anfangs nicht auf, wie viele einer Sucht verfielen, keiner sagte etwas, wenn immer mehr Kinder geschlagen wurden und die Angst ging um. Allein durch dunkle Straßen zu gehen, trauten sich keine älteren Menschen am Abend. Immer bessere Sicherheitsschlösser kamen in die Wohnungstüren. Einige entdeckten, dass man mit Religion ein Geschäft machen kann. Jede Zeitung druckte ein Horoskop ab, und Wahrsager verdienten auf Volksfesten viel Geld. Jedes Jahr kam ein neues Medikament, das gesund machen sollte und die Leute kauften es. Aber die Seelen blieben krank, die Angst wurde größer und die Gewalt grausamer. Weil alle übermäßig viel verdienen wollten und reich sein wollten, verloren viele die Arbeit. Geld war der Gott geworden und jeder Radiosender lockte mit einer hübschen Summe, wenn man der Erste war, der anrief. Dafür hatten sie Zeit, stundenlang.

Und Gott sagte, Ihr Narren, habt ihr wirklich geglaubt, dass es ohne mich geht? Habt ihr wirklich geglaubt, dass Ihr Euer Leben sichern könnt ohne mich? Habt ihr geglaubt, es geht immer so weiter auf Kosten anderer? Habt ihr gedacht, Ihr habt ein Recht darauf, alles billig zu kriegen, während andere hungern? Habt ihr wirklich gedacht, ich bin so eine Nebensache, die dazu herhält, euer Wohlstandsfest im Dezember auszurichten? Wacht endlich auf, sonst wird man noch mehr von Eurer Seele fordern.

Liebe Gemeinde, so könnte Jesus heute geredet haben. Damals hat er es anders erzählt. Und wer gedacht hat, damit war es das, hat sich geirrt. Jede Generation steht neu vor der Frage: welchen Platz hat Gott in meinem Leben von mir bekommen? Und jede Generation steht vor der Frage: Heil mit Gott oder Unheil ohne Gott. Wir stehen am Scheideweg. Wir müssen uns entscheiden, wohin wir gehen wollen und so ersteinmal wieder Schwerpunkte des Lebens neu setzen.. Es ist die einzige Chance, den verfahrenen Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen. Gott hat uns nicht verlassen, er hat uns allerdings frei gehen lassen, vermutlich oft kopfschüttelnd und erstaunt über soviel Dummheit. Nicht wenn ich mal Zeit habe, gehe ich in die Kirche, sondern ich mache mir Zeit für meinen Partner-Gott. Nicht, wenn mein Kind neben Sport und Computer und Fernsehen noch etwas Zeit hat, kann es von mir aus noch etwas von Gott erfahren, sondern ich schaffe ihm den Raum und die Chance Christ zu werden, weil es der Seele gut tut.

Heute ist Erntedankfest. Dieses Fest wurde erfunden, weil Menschen gesagt haben, “unser Leben verdanken wir Gott”. Und dass nach dieser langen Trockenheit hier vor dem Altar Obst und Gemüse liegen, ist das nicht auch ein Zeichen? Ein Zeichen an die Seele: du sollst es gut haben. Ein Zeichen von Gott: ich will doch, dass du lebst. Und damit gebe ich Dir lieber Mensch, auch Verantwortung für die Erde in die Hand, für die Erde und für die Menschen. Du kannst diese Erde, diese Welt mit all Deinen Gaben und Talenten so vielfach gestalten, mit Deinem politischen Wissen, mit Deiner finanziellen Spende, mit Deiner Mitarbeit in der Entwicklungshilfe, mit Deinem Rat. Meine Liebe und Großzügigkeit sollst Du weiter schenken, es bleibt Dir noch genug.

Auch so könnten wir Erntedank neu verstehen: den Dank für die bisherige Ernte unseres Lebens zu feiern.

Dieser Gott ist und bleibt ein großzügiger Gott, der jedoch nicht mit erhobenem Zeigefinger selbstherrlich regiert und uns ständig drangsaliert.

Auf einer Karte, die ich im Urlaub geschenkt bekam, ist zum Erntedankfest ein Gedanke in Gedichtform festgehalten, der mich sehr angesprochen hat, ich will ihn hier vortragen: da ist unter der Überschrift “Erntedank” die Frage gestellt, ob wir einmal die Rechnung bezahlen müssen?

 

Einmal wird uns gewiß die Rechnung präsentiert

für den Sonnenschein und das Rauschen der Blätter,

die sanften Maiglöckchen und die dunklen Tannen,

für den Schnee und den Wind,

den Vogelflug und das Gras und die Schmetterlinge,

für die Luft, die wir geatmet haben und den Blick auf die Sterne,

und für all die Tage, die Abende und Nächte.

Einmal wird es Zeit, daß wir aufbrechen und bezahlen:

“die Rechnung bitte...”

Und Gott schaut und wird lachen soweit die Erde reicht und sagen:

“Ich habe euch doch eingeladen....es war mir ein Vergnügen...”

 

Das, liebe Schwestern und Brüder ist die Großzügigkeit Gottes, einer der nicht “abrechnet”, sondern schenkt. Wir haben die Chance, dankbare Gäste zu sein.

Amen.

Predigt von Raimund Moßmann zum Erntedankfest 2003